Zahlreiche BesucherInnen gedachten der Befreiung des KZ-Außenlagers Gunskirchen vor 77 Jahren
Presseinformation MKÖ vom 14.05.2022
Zahlreiche BesucherInnen gedachten der Befreiung des KZ-Außenlagers Gunskirchen vor 77 Jahren
KZ-Überlebender Daniel Chanoch übergab symbolträchtiges Geschenk an das Mauthausen Komitee.
Am Samstag, dem 14. Mai, fand um 10.00 Uhr in Gunskirchen ein "Walk of Solidarity" vom KZ-Denkmal an der Bundesstraße 1 zum ehemaligen KZ-Gelände statt. An der Spitze dieses Walk of Solidarity gingen KZ-Überlebende gemeinsam mit VertreterInnen des Mauthausen Komitee Österreich und des Comitee International de Mauthausen. Auch viele Jugendliche nahmen teil.
Dieses Jahr hat der private Verein Mauthausen Komitee Österreich ein Grundstück am Areal des ehemaligen KZ-Außenlagers Gunskirchen gekauft, um dort einen Lern- und Gedenkort zu errichten.
Deshalb wurde an dieser Stelle anschließend an den Walk of Solidarity erstmals die Befreiungsfeier für das ehemalige KZ-Außenlager Gunskirchen durchgeführt.
"Für das MKÖ und sein Netzwerk hat das Gedenken und die Vermittlungsarbeit an Orten ehemaliger Außenlager seit Jahrzehnten einen hohen Stellenwert. Umso mehr freuen wir uns, nun am Ort des ehemaligen KZ-Außenlagers Gunskirchen einen würdigen Gedenkort zu etablieren. Wir danken Daniel Chanoch stellvertretend für alle Überlebenden und Opfer der Hölle von Gunskirchen für dieses Geschenk", sagte MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi.
Daniel Chanoch überreichte ein symbolträchtiges Geschenk zur Widmung des Lern- und Gedächtnisortes an das MKÖ. Die Baumscheibe stammt von einem alten Olivenbaum, der in Israel gewachsen ist. Der Stamm eines Olivenbaumes ist ein Symbol für Frieden und für ein "Nie wieder". Das natürlich gewachsene Loch in der Mitte des Stammes symbolisiert das riesige Loch, das nach der Shoah nicht nur in den Überlebenden, sondern auch in ihren Nachkommen entstanden ist.
Bei der Befreiungsfeier in Gunskirchen sprachen der Gunskirchner Bürgermeister Christian Schöffmann, der Schriftsteller Robert Schindel, weiters Daniel Chanoch, Überlebender des KZ-Außenlagers Gunskirchen, und György Frisch, Vertreter der ungarischen Juden. Robert Eiter, Vorstandsmitglied des Mauthausen Komitees Österreich, hielt das Schlusswort. Das Kulturprogramm gestalteten die Neue Mittelschule Gunskirchen, der Singkreis Edt und die Landesmusikschule Gunskirchen.
Robert Schindel, Hauptredner bei der Befreiungsfeier, wurde 1944 als Kind jüdischer Widerstandskämpfer in Bad Hall geboren. Seine Eltern hatten sich als Fremdarbeiter getarnt. Sein Vater wurde im KZ Dachau ermordet, seine Mutter überlebte die KZ Auschwitz und Ravensbrück. Der Holocaust nimmt in den Werken des Schriftstellers Robert Schindel eine zentrale Rolle ein, etwa in seinem Roman "Gebürtig", der auch verfilmt wurde. Robert Schindel war Vorsitzender der Jury des Ingeborg-Bachmann-Preises und ist Träger zahlreicher Auszeichnungen, darunter des Kulturpreises des Landes Oberösterreich für Literatur und des Heinrich-Mann-Preises.
Daniel Chanoch übergab dem MKÖ-Vorsitzenden Willi Mernyi ein Geschenk für den geplanten Gedenkort in Gunskirchen. Daniel Chanoch, einer der letzten Überlebenden des KZ-Außenlagers Gunskirchen, reiste trotz seiner 91 Jahre aus Israel an.
György Frisch ist der Sohn eines Gunskirchen-Überlebenden und kam mit einer großen Gruppe aus Budapest.
MKÖ-Vorstandsmitglied Robert Eiter organisiert jährlich die Befreiungsfeier in Gunskirchen in Kooperation mit der Marktgemeinde Gunskirchen, der Gemeinde Edt bei Lambach und der Welser Initiative gegen Faschismus (Antifa). In seinem Schlusswort wies Eiter auf die stark steigende Zahl rechtsextremer Straftaten in Österreich hin: "Deshalb tragen wir die Verpflichtung, wachsam und widerständig zu sein, beharrlich Aufklärungsarbeit zu leisten über faschistische Verbrechen damals und heute."
In den Traunauen zwischen Gunskirchen und Edt bei Lambach befand sich im Frühjahr 1945 eines der größten Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen. Das NS-Regime hatte es seit Dezember 1944 zum Zweck der Herstellung von Flugzeugteilen aus Holz errichten lassen. Zu dieser Produktion kam es nicht mehr. Vorwiegend ungarisch-jüdische Häftlinge wurden noch wenige Tage vor Kriegsende in Todesmärschen, bei denen Tausende umkamen, dorthin getrieben. Die Gräuel waren unbeschreiblich. Am 4. Mai 1945 konnte die vorrückende US-Armee das Lager befreien. Rund 8.500 ausgemergelte Menschen hatten überlebt. Von ihnen starben allerdings noch viele während der darauffolgenden Wochen an Seuchen und Entkräftung.
Auf der Webseite des Mauthausen Komitees Österreich sind unter KZ-Außenlager Gunskirchen (www.mauthausen-guides.at) historische Fakten, historische und aktuelle Fotos sowie Zeitzeugeninterviews zu finden. Die Fotos können bei Angabe des jeweiligen Copyrights kostenlos verwendet werden.
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