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Gedenken der Katholischen Jugend in Ternberg mit Cornelius Obonya

16. Gedenkfeier der Katholischen Jugend in Ternberg mit Cornelius Obonya

Das Gedenken in Ternberg fand heuer bereits zum 16. Mal statt. 2008 war im Zuge der größten Jugendsozialaktion Österreichs "72 Stunden ohne Kompromiss" – organisiert von der Katholischen Jugend Österreich in Zusammenarbeit mit youngCaritas und Hitradio Ö3 – mit 45 Jugendlichen aus den Dekanaten Weyer und Steyr im Keller der Pfarrbaracke in Ternberg ein Gedenkraum installiert worden. Seither findet hier jährlich eine Gedenkfeier statt, ebenso werden auf Anfrage Führungen angeboten und auch ein pädagogisches Begleitkonzept wurde erarbeitet.

Mit Cornelius Obonya konnte für das Gedenken auch heuer wieder ein prominenter Redner gewonnen werden. Schauspieler Cornelius Obonya spielte bei den Salzburger Festspielen einige Jahre lang den Jedermann und ist in zahlreichen deutschen wie österreichischen Produktionen in Film und Fernsehen zu sehen. Auch als Kommentarsprecher von Dokumentationen und als Interpret von Hörbüchern ist er aktiv. Ebenso führte er bei großen Opernfestivals Regie. Cornelius Obonya erhielt vielfache Auszeichnungen und ist seit 2020 auch Präsident der "Aktion" gegen den Antisemitismus in Österreich.

Gedenken als kollektive Aufgabe

Die heurige Gedenkfeier stand gemäß dem Jahresschwerpunkt des Mauthausen Komitees Österreich unter dem Motto "Recht und Gerechtigkeit". Anita Buchberger, Vernetzungsverantwortliche in der Region Ennstal und Beauftragte für Jugendpastoral in der Pfarre Ennstal sowie Sophia Wachter, ehrenamtliches Mitglied des Jugendpastoralteams der Pfarre Ennstal, führten durch die Feier. Zu Beginn erinnerten sie daran, dass das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ein zentrales gesellschaftspolitisches Anliegen der Katholischen Jugend OÖ sei und es für sie zum Selbstverständnis gehöre, sich für Toleranz und Nächstenliebe im Zusammenleben einzusetzen. Die NS-Verbrechen seien ein trauriges Beispiel dafür, wie das Wegschauen und das Schweigen der Bevölkerung in eines der dunkelsten Kapitel der Geschichte führten.

"Das Streben nach Gerechtigkeit bildet das Fundament einer demokratischen Gesellschaft. Im Nationalsozialismus wurde das Rechtssystem systematisch missbraucht. Ziel war es, die Macht des Staates zu stärken und die individuellen Freiheiten und Rechte der Bürger:innen zu unterdrücken. Die NS-Zeit war nicht nur von einer Veränderung des Rechtssystems, sondern auch von einer eklatanten Missachtung der Gerechtigkeit geprägt", so die Vernetzungsverantwortliche der Region Buchberger.

Es sei gemeinsame Aufgabe, die Erinnerung aufrechtzuerhalten – nicht, um anzuklagen, sondern um wachsam zu sein.

"Um der Härte etwas entgegensetzen zu können, müssen wir weich werden."

Magdalena Lorenz, ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jugend Oberösterreich, stellte in ihrem Grußwort fest, dass sich nur wenige Fragen das christliche Abendland wohl so sehr wie jene nach dem Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit beschäftigen.

"Das gesetzte Recht, das das gerechte Zusammenleben sichern und verbürgen soll, ist stets ausgerichtet auf Gott als Garant der gerechten Ordnung und damit der Willkür jeglicher Machthaber entzogen", so Lorenz. In den Gräueln des Zweiten Weltkrieges und der Unmenschlichkeit des Dritten Reiches hätten die Macht der Härte und das Gesetz des Stärkeren ihren Höhepunkt erreicht.

Bewunderung verdienten jene Menschen, die auch unter diesen Bedingungen durch ihr engagiertes Tun sich "nicht der Indifferenz hingegeben, sondern durch ihr beherztes Handeln an der Strahlkraft der Gerechtigkeit festgehalten und gegen das geltende Recht Widerstand geleistet haben. Ein Nachsinnen über ihre Biografien mag uns fragen lassen, ob wir, an die gleiche Stelle gesetzt, auch einen solchen Mut aufgebracht hätten. Die bleibende Herausforderung der Gerechtigkeit ist, dass wir uns, um der Härte etwas entgegensetzen zu können, erlauben müssen, weich zu werden", so Lorenz.

Widerstand brauche eine Quelle, aus der er sich speisen könne: eine konkrete Erfahrung gerechter Zuwendung und viele unterschiedliche Möglichkeiten, die zum beherzten Einsatz für das Gute Kraft geben.

Sinkende menschliche Seele

Der Ternberger Bürgermeister Günther Steindler betonte in seinen Grußworten, dass das bloße Stehen an diesem Ort in ihm tiefe Trauer erwecke, aber auch die Verantwortung, die Geschichte zu bewahren und daraus zu lernen.

Dieser Ort, das KZ Außenlager Ternberg erinnere uns an "die Schrecken des Nationalsozialismus, an die Gräueltaten, die hier und an vielen anderen Orten begangen wurden. Er steht für die unzähligen Menschen, die von einem verbrecherischen System ausgegrenzt, entrechtet, gefoltert und getötet wurden. Auch hier, in dieser Außenstelle von Mauthausen, fanden viele von ihnen den Tod – durch Zwangsarbeit, Hunger, Misshandlungen oder systematische Ermordung. Viele von ihnen wurden unter unwürdigen Bedingungen zur Arbeit gezwungen. Die Menschen, die hier inhaftiert waren, hatten keinerlei Rechte. Sie waren der Gnade ihrer Bewacher ausgeliefert, die gnadenlos waren."

Steindler weiter "woran wir uns heute erinnern, ist mehr als nur ein dunkles Kapitel der Geschichte. Es ist ein Teil der Menschheit, der zeigt, wohin der Weg führen kann, wenn Hass und Intoleranz ungehindert wachsen. Der Nationalsozialismus, ein Regime, das auf Rassismus, Menschenverachtung und totalitärer Kontrolle basierte, lehrt uns, wie tief die menschliche Seele sinken kann, wenn Prinzipien wie Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Empathie aufgegeben werden."

Jugendliches Engagement

Junge, engagierte Menschen machten sich im Vorfeld inhaltlich Gedanken, wie man das Schwerpunktthema aufbereiten konnte und versuchten, einen Bezug zur Gegenwart herzustellen.

Dazu drei Aspekte vorweg:

  1. Gerechtigkeit erschöpft sich nie im Recht
  2. Gerechtigkeit hängt von Voraussetzungen ab
  3. Woher kommt unsere Vorstellung von Gerechtigkeit? Haben wir eine gemeinsame Grundlage davon, was wir glauben, dass Gerechtigkeit ist?

Jugendliche machten anhand fünf fiktiver kurzer Rollenspiele anschaulich, dass Recht nicht immer gerecht ist. Dazu wurden im Anschluss an jede Szene die Teilnehmer:innen aufgefordert, selbst mitzuentscheiden, ob das gerecht oder ungerecht ist. Dieser inhaltliche Zugang ist ein wesentlicher Bestandteil der jährlichen Gedenkfeier, denn es soll aufzeigen, dass es darum geht genau hinzuschauen, hinzuhören und Unrecht nicht einfach hinzunehmen. Es erfordere Mut und Entschlossenheit, um gegen Diskriminierung und Ungerechtigkeit vorzugehen. Recht und Gerechtigkeit sei ein wichtiges Fundament für den Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Cornelius Obonya äußerte klare, mutige Ansagen!

Für die heurige Gedenkrede konnte wieder ein namhafter Redner gewonnen werden: der erfolgreiche österreichische Schauspieler und Präsident der Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich, Cornelius Obonya.

Bereits im Vorfeld gab es mit den engagierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein "Meet & Greet", in dem er sich für die Errichtung des Gedenkraums bedankte. In ungezwungener Atmosphäre erzählte Obonya über seine ehrenamtliche Tätigkeit – das Amt des Präsidenten gegen den Antisemitismus in Österreich –, erläuterte seinen familiären Bezug zur NS-Zeit und ging auf die spontan gestellten Fragen ein.

Obonya sprach in seiner Rede die aktuelle politische Situation mit unmissverständlichen Worten an. Die Radikalität sei längst in einer anderen Dimension angekommen. Wenn man es in der einen Demokratie nicht schaffe, dann mache man sich eben eine andere. Der ehrenamtliche Präsident gegen Antisemitismus positioniert sich klar für die Einhaltung demokratischer Prinzipien.

Sein Appell richtet sich besonders an die politischen Vertreter:innen. Sie sollten sich die Frage stellen: "Haben Sie oder haben Sie nicht / Werden Sie oder werden Sie nicht in Ihren Orten, in Ihren Landtagen, in Ihren Stadtregierungen, in Ihren Foren für eine Koalition mit der FPÖ stimmen?" Und erst dann, wenn Sie ein klares Nein antworten könnten, wären ihre Worte zu einem Gedenken an die Toten des Holocaust angebracht.

Schlussendlich forderte Obonya das Publikum auf:

"Bekennen Sie Ihren Glauben an Ihren Gott - und die Demokratie. Lassen Sie sich nicht verhöhnen. Sie die jungen Katholikinnen und Katholiken Österreichs, die bis jetzt dies alles so einzigartig gebaut, gesagt, besungen, geschrieben, gelacht, gemeinsam sich selbst des Guten und Ihres Glaubens in Ihnen versichernd gelebt haben. Machen Sie weiter, aber machen Sie es klar, anderen klar, was genau Sie meinen."

Im weiteren Verlauf der Feier wurden die bekannten Namen der Opfer des KZ-Außenlagers Ternberg verlesen und für jeden Verstorbenen eine weiße Rose als Symbol der Erinnerung in eine Vase gesteckt. Der Bischof von Linz, Manfred Scheuer, sprach zum Abschluss ein Gebet, bevor die Kränze vor der Pfarrbaracke bei der Gedenktafel niedergelegt wurden. Zum Schluss sangen alle gemeinsam das Lied "We shall overcome".

Breit mitgetragenes Gedenken

Die musikalische Gestaltung oblag der Jugendband der Pfarre Steyr unter der Leitung von Leonie Falk, dem Chor der Mittelschule Ternberg unter der Leitung von Simon Schmidthaler sowie einem Bläserensemble des Musikvereins Ternberg unter der Leitung von Marina Pernkopf.

Das Anliegen des Gedenkens in Ternberg wird mittlerweile sehr breit mitgetragen. Als Mit-Veranstalter:innen fungierten die Pfarre Ennstal und die Pfarre Steyr, die Markt- und Pfarrgemeinde, der Musikverein, die Bezirks- und Ortsstelle des Roten Kreuzes, das Katholische Bildungswerk, die Katholische Frauenbewegung, die Katholische Männerbewegung, die Landjugend und das Mauthausen Komitee Österreich. Zahlreiche Ehrengäste aus der kirchlichen und politischen Öffentlichkeit nahmen an der Gedenkfeier teil.

Anita Buchberger und Sophia Wachter © Diözese Linz/Manfred Ebner
Cornelius Obonya © Diözese Linz/Manfred Ebner
Gruppenfoto bei der Gedenkfeier in Ternberg © Diözese Linz/Manfred Ebner
Szenisches Spiel bei der Gedenkfeier in Ternberg © Diözese Linz/Manfred Ebner
Gedenktafel mit Kränzen © Diözese Linz/Manfred Ebner