Gewerkschaften als Bollwerk der Demokratie im Kampf gegen Rechtsextremismus
14.04.2025

"Niemals wieder!" - seit 80 Jahren leisten wir den Schwur. Die Umsetzung dieses Versprechens ist heute wichtiger denn je, und die Gewerkschaften sind dabei bedeutende Partnerinnen.
Mit der Corona-Krise und der dadurch ausgelösten Rezession sind Ängste gewachsen, und das Vertrauen in die Politik hat bei vielen Menschen abgenommen. Der Wunsch nach schnellen Lösungen zu den großen aktuellen Krisen ist groß. Antidemokratische Gruppen nutzen diese Unsicherheit aus und geben falsche Sicherheitsversprechen auf Kosten der Demokratie, der Menschenrechte und unseres Sozialstaats. Ihre Antworten mögen ein subjektives Sicherheitsgefühl vermitteln, aber rechtspopulistische Parteien und Gruppierungen haben bisher das Leben keiner einzigen Arbeitnehmerin und keines einzigen Arbeitnehmers verbessert. Im Gegenteil: überall dort, wo rechte und rechtsextreme Parteien regieren, kommt es zum Abbau von Arbeitnehmer:innen-Rechten und einer Demontierung des Sozialstaats.
Das alles wissen wir schon lange. Doch was tun, um diesen Zulauf umzuleiten und die Menschen wieder für ein demokratisches und solidarisches Miteinander zu begeistern? Ein einfaches Rezept wurde bisher noch nicht gefunden. Es gibt verschiedene Hebel, an denen wir ansetzen müssen. Alle Maßnahmen sollten darauf abzielen, das Vertrauen in unser politisches System zu stärken und Zuversicht zu schaffen, dass wir alle ein gutes Leben führen können. Denn Unsicherheit und Abstiegsängste sind ein guter Nährboden für rechte Kräfte. Wir müssen Alternativen bieten, und die Gewerkschaften spielen dabei eine tragende Rolle.
Durch den Einsatz in den Lohnverhandlungen, in den Sozialversicherungsträgern und in den Interessenvertretungen kämpfen die Gewerkschaften täglich für den Ausbau der sozialen Sicherheit. Das schafft eine gute Grundlage, die Sicherheit und Vertrauen festigen kann. Das bestätigen die Vertrauenswerte der Gewerkschaftsbewegung, die seit Jahren konstant sind.
Soziale Sicherheit allein wird den Zulauf zum Rechtsextremismus aber nicht unterbinden. Demokratie und ihre Vorteile müssen greifbar gemacht werden. Einer der wichtigsten Orte für die Demokratiebildung ist der Betrieb. Denn obwohl an Schulen zwar Demokratie – mal besser, mal schlechter – vermittelt wird, können viele aufgrund des fehlenden Wahlrechts an dieser nicht teilhaben. Nicht so im Betrieb. Hier können alle ihre Vertretung wählen und bei den Arbeiterkammerwahlen das Arbeitnehmer:innen-Parlament nach ihren Wünschen gestalten.
So wird auf dieser kleinsten Ebene greifbar, was echte demokratische Teilhabe bedeutet. Wenn Beschäftigte gemeinsam mit ihren Kolleg:innen positive Veränderungen im Betrieb durchsetzen oder Ungerechtigkeiten gemeinsam abwehren können, dann sehen sie: Ich kann etwas verändern! Und genau dieses Selbstverständnis ist heute wichtiger denn je. Denn damit wird das Vertrauen in die eigene Einflussmöglichkeit gestärkt. Das Vertrauen, dass es keinen „starken Mann“ braucht, sondern dass im Kollektiv Großes erzielt werden kann.
Es sind die Gewerkschaften, die eine tragende Rolle im Kampf gegen den Rechtsextremismus spielen können und müssen. Denn der Einsatz für die Rechte der Arbeitnehmer:innen beruht nicht auf Trennendem wie Herkunft, Religion, Sexualität oder politischer Ausrichtung. In den gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen zählt einzig und allein, ein gutes Leben für alle Arbeitnehmer:innen zu schaffen.
Diesen Weg werden wir unbeirrt fortführen. Für unsere Mitglieder, für die Arbeitnehmer:innen und für die Demokratie. Freie Gewerkschaften gibt es nur in Demokratien. Und starke Demokratien, ein gutes Leben für alle sowie ein stabiles soziales Netz gibt es nur mit Gewerkschaften.
Wolfgang Katzian
Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes
Foto © schön fotografiert
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