Gedenkfeier in Ternberg: Der Appell für "Menschlichkeit ohne Grenzen" stand dieses Jahr im Zentrum!
Die Gedenkfeier der Katholischen Jugend der Region Ennstal in der Pfarrbaracke Ternberg stand heuer unter besonderen Vorzeichen. Jeder zweite Sessel musste aufgrund der Abstandsregel leer bleiben und es bestand Mund-Nasen-Schutz-Pflicht während der gesamten Veranstaltung. Das ergab ein etwas seltsam anmutendes Bild - Gedenken im Zeichen der Pandemie eben. Und doch kamen insgesamt mehr als 160 Menschen und gedachten an die Opfer des Nationalsozialismus im KZ-Außenlager Ternberg. Mit dem "Zeit im Bild-Anchorman" Tarek Leitner konnte wieder ein prominenter Gedenkredner gewonnen werden konnte. Das Motto der Feier lautete gemäß dem Jahresschwerpunkt des Mauthausen Komitees Österreich "Menschlichkeit ohne Grenzen".
Das Motto zog sich wie ein roter Faden durch die Feier. Anita Buchberger, Beauftragte für Jugendpastoral im Dekanat Weyer und Reinhard Fischer, Regionskoordinator der kj oö in der Region Ennstal führten durch die Feier und erinnerten zu Beginn daran, dass der Begriff "Menschlichkeit" im Sprachgebrauch der Nazis nicht vorkam. Durch die systematische Ausgrenzung und Stigmatisierung von ganzen Gruppen von Menschen wurden Grenzen zwischen Menschen aufgebaut. Derartige Entwicklungen wären uns auch in der Gegenwart nicht fremd. Bischof Manfred Scheuer meinte in seinen Grußworten, dass die Grenze zwischen Menschfreundlichkeit und Misanthropie "manchmal auch in uns selber da ist. Und es wäre fatal zu meinen, wir hätten gar keine Vorurteile." Landeshauptmann Thomas Stelzer betonte, dass zum Zusammenhalt in Oberösterreich auch eine Erinnerungskultur gehört. Denn Leid habe "mitten in unserem Land stattgefunden." Christa Bauer, die Geschäftsführerin des Mauthausen-Komitees Österreichm spannte den Bogen zu aktuellem Geschehen. Sie führte aus, dass in Europa wieder Grenzen aufgebaut werden und stellte nachdenklich die Frage, vor wen wir uns schützen würden. Sie stellte klar, dass Menschlichkeit an keiner Grenze enden würde.
Tarek Leitner würdigte in seiner Rede das Engagement der kj oö in Ternberg und zeigte sich vom Gedenkraum beeindruckt. Bezugnehmend auf aktuelle gesellschaftspolitische Ereignissen stellte er klar, dass nichts mit den Geschehnissen der NS-Zeit gleichzusetzen wäre. Und doch haben wir den Nationalsozialismus als Vergleichs-Parameter für aktuelle Entwicklungen. Regelmäßiges, unter immer neuen Vorzeichen stehendes Gedenken ist ein dauerndes Vergleichen mit Schattierungen der NS-Welt und könne eine Brücke schlagen zur Gegenwart. Gedenken ist "Erkenntnisgewinn für heute". Angesichts der Situation der Flüchtlinge in Moria appellierte Tarek Leitner an die Politik Signale zu senden die bedeuten "Mit solchen Zuständen wollen wir nicht leben." Das würde engagierte Menschen bestärken.
Nach der Gedenkrede gestalteten Jugendliche einen bewegenden Gedenkakt und legten dar, was Menschlichkeit für junge Menschen bedeutet. Auch alle Anwesenden wurden eingeladen sich im Rahmen einer Phantasiereise Gedanken zu machen. Im weiteren Verlauf der Feier wurden die Namen der Opfer des KZ-Außenlagers Ternberg verlesen und Dechant Friedrich Lenhart sprach ein Gebet. Zum Abschluss wurden vor der Pfarrbaracke Kränze niedergelegt.
Die musikalische Gestaltung oblag dem Jugendchor "re-member" und einem Bläser-Ensemble des Musikvereins Ternberg. Dass Anliegen des Gedenkens in Ternberg wird mittlerweile sehr breit mitgetragen. Als Mit-Veranstalter fungierten die Markt- und Pfarrgemeinde, der Musikverein, das Rote Kreuz, das Katholische Bildungswerk, die kath. Frauenbewegung, die kath. Männerbewegung, die Landjugend und das Mauthausen Komitee Österreich. Zahlreiche Ehrengäste aus der kirchlichen und politischen Öffentlichkeit nahmen an der Gedenkfeier teil. Ein besonderer Dank gilt dem Leiter des Roten Kreuzes der Bezirksstelle Steyr-Land, Stephan Schönberger, der das Covid19-Präventionskonzept ausgearbeitet hat und während der Gedenkfeier die Sicherheitsbestimmungen überprüft hat.
Heuer fand bereits zum insgesamt 12. Mal eine Gedenkfeier in Ternberg statt. 2008 wurde im Zuge des größten Sozialprojekts Österreichs "72 Stunden ohne Kompromiss" mit 45 Jugendlichen aus den Dekanaten Weyer und Steyr im Keller der Pfarrbaracke in Ternberg ein Gedenkraum installiert. Seither findet jährlich eine Gedenkfeier statt, ebenso gibt es Führungen auf Anfrage und auch ein pädagogisches Begleitkonzept wurde erarbeitet.