Warum ist es auch 80 Jahre nach der Befreiung des KZ Mauthausen wichtig, diese Geschichten zu erzählen?
20.03.2025
Vor 80 Jahren endete die NS-Diktatur, wurde das Konzentrationslager Mauthausen befreit. 50 Jahre später wurde der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geschaffen. Seither stehen die Überlebenden der nationalsozialistischen Verfolgung im Zentrum unserer Arbeit – die Würdigung des ihnen zugefügten Unrechts, die Unterstützung im Alter, die Weitergabe ihrer Erinnerungen.
In den vergangenen 30 Jahren haben nahezu 30.000 Menschen aus allen Opfergruppen dem Nationalfonds ihre Geschichte erzählt: Wie ihre Familien, oft über Generationen, hier in Österreich gelebt haben; wie nach dem "Anschluss" ihre Welt zerstört wurde. Tausendfach haben wir erfahren, wie es sich anfühlt, wenn ein Leben in Frieden, Vertrautheit und Sicherheit, mit all seinen kleinen und auch größeren Sorgen, mit den Plänen und Wünschen für die Zukunft, mit Familie und Freunden, sich plötzlich – mit einem Wimpernschlag – in einen Albtraum verwandelt. Wenn das Unvorstellbare ganz plötzlich Realität wird an dem Ort, den man "Heimat" nennt. Jeder Erfahrungsbericht ist bewegend, einzigartig und ein Teil österreichischer Vergangenheit.
Wenn man den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zuhört, lernt man Geschichte von einer sehr persönlichen Seite kennen. Ihre Schilderungen machen spürbar, dass wir als Menschen Teil von Geschichte sind – oft als ihr Spielball, aber auch als Wesen, die Geschichte mitgestalten können. Im Zuhören wird uns bewusst, welch großes Glück es bedeutet, in eine Demokratie hineingeboren zu sein, in der wir die Chance haben, in diesem Land in Frieden und in Freiheit zu leben. Es macht aber ebenso bewusst, dass die Freiheit auch die Verantwortung mit sich bringt, mit diesem Geschenk sorgsam umzugehen. Indem wir das Wissen um die Verfolgungsschicksale der NS-Opfer bewahren und ihre Geschichten weitererzählen, tragen wir dazu bei, das gesellschaftliche Bewusstsein für diese Zusammenhänge zu schärfen.
80 Jahre nach Kriegsende leben wir an einer Zeitenwende. Bald werden die letzten Überlebenden verstummt sein. Erst diesen Februar ist wieder einer von ihnen gegangen – Marian Turski, Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees und ein langjähriger Wegbegleiter und Freund, zichrono livracha. Kurz zuvor, anlässlich der des 80. Jahrestags der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, hat er sein Vermächtnis formuliert – ein Appell an die nachfolgenden Generationen:
"Wir geben unsere Erinnerungen,
unsere Worte und unsere Stimme weiter.
Unsere Tage, die der Überlebenden, sind gezählt:
Aber wir werden nicht verstummen,
wenn Sie, Sie alle, nicht schweigen!" [1]
[1] Rede von Marian Turski zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz
Hannah M. Lessing
Generalsekretärin des Zukunftsfonds der Republik Österreich
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