Gemeinsam für ein "Niemals wieder!"
16.04.2025
Die Menschenrechte sind in Gefahr, ebenso wie die Demokratie und die Menschlichkeit – und in Europa steht die Friedensunion auf dem Spiel. Die politischen Debatten der letzten Zeit erwecken den Eindruck, als "kehre die Stimmungsdemokratie der Antike zurück", wie es der Politikwissenschaftler Herfried Münkler beschreibt. Die politische Auseinandersetzung verroht und driftet ab in überwunden geglaubte Gewässer, vergiftet das politische Klima sowie den gesellschaftspolitischen Diskurs über Grundfreiheiten, Gleichstellung, Gerechtigkeit und Menschenrechte.
Die im Jahr 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedete "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" war eine Antwort (die da lautete: "Niemals wieder!") auf die Gräueltaten des Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg. Heute – 80 Jahre später – müssen wir feststellen, dass dieses "Niemals wieder!" sehr fragil (geworden) ist. Denn plötzlich werden Stimmen laut, die in Frage stellen, ob die Europäische Menschenrechtskonvention, die in Österreich seit 1964 im Verfassungsrang steht, heute noch in ihrer ursprünglichen Form zeitgemäß sei. Auch der Europäischen Flüchtlingskonvention würden manche politischen Vertreter:innen gerne einen Zeitstempel mit Ablaufdatum aufdrücken.
Aber Menschenrechte sind keine Zeiterscheinung, sie sind "selbstverständlich" und "unveräußerlich" und gelten für alle Menschen gleichermaßen. Der Schutz vor Verfolgung und das Recht auf Asyl (Art. 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte) zählen zu den Grundrechten, deren Wurzeln bis in die Antike zurückreichen. Mit einfachen populistischen Lösungen und Ansagen werden wir die aktuellen gesellschaftlichen, klima-, bildungs- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen nicht meistern, sondern im Gegenteil: die Spaltung der Gesellschaft nur weiter vorantreiben. Daher braucht es eine kontinuierliche Stärkung der Menschenrechtsbildung, Antidiskriminierungs- und Sensibilisierungsarbeit in Bildungseinrichtungen, Vorfeldorganisationen und im öffentlichen Raum.
In Zeiten, in denen Kriege, der Klimawandel und das Kräftemessen mit Worten, Waffen und im digitalen Raum zunehmend zum Alltag werden und es dringend erforderlich ist, wieder näher zusammenzurücken und zusammenzuhalten, wird dieses "Niemals wieder!" zu einem unabdingbaren Mahnmal – für die Gegenwart und für unsere Zukunft.
"Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts."
Willy Brandt [1]
[1] Zitat aus der Rede am 3. November 1981 in Bonn anlässlich der Festveranstaltung zum 100-jährigen Bestehen des Verlages J.H.W. Dietz Nachf., in: Willy Brandt Berliner Ausgabe, Band 5, Die Partei der Freiheit, Willy Brandt und die SPD 1972–1992 (2002).
Elke Aigner
Geschäftsführung des Vereins SOS-Menschenrechte
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